Demografische Perspektive
Zwischen 2000 und 2010 hat sich die Zahl der Hundertjährigen in Deutschland mehr als verdoppelt. Prognosen zufolge wird jedes zweite nach 2000 geborene Kind eine realistische Chance haben, 100 Jahre zu erreichen. In der Praxis bedeutet das: Immer häufiger kommen hochbetagte Patientinnen und Patienten auch in die Zahnarztpraxis, deren Versorgung spezielle Anforderungen stellt.
Erhalt der Selbstständigkeit
Die aktuelle Heidelberger Hundertjährigen-Studie (HD100‑II) zeigt, dass trotz körperlicher Einschränkungen rund 70 Prozent der Hundertjährigen ihren Alltag weitgehend selbstständig bewältigen. Kognitive Ressourcen wie Kontrollerleben und Optimismus tragen entscheidend dazu bei. Für Zahnärzte heißt das: Maßnahmen zur Mundhygiene müssen einfach erlernbar und im Alltag umsetzbar sein – etwa durch Hilfsmittel wie Aufsteckbürsten, elektrische Zahnbürsten mit großem Griff oder unterstützende Mundpflege durch geschulte Angehörige.
Wohn- und Pflegesituation
Über die Hälfte der Hundertjährigen lebt zu Hause, häufig mit Unterstützung ambulanter Pflegedienste. Praxen sollten daher mobile Behandlungsangebote prüfen. Ein rollstuhlgerechter Behandlungsstuhl, flexible Hausbesuche oder Kooperationen mit Pflegediensten erleichtern die regelmäßige Kontrolle und Prophylaxe.
Fazit
Die Zweite Heidelberger Hundertjährigen-Studie macht deutlich: Zahnärztliche Versorgung im höchsten Lebensalter setzt weit mehr voraus als technische Kompetenz. Sie verlangt ein Verständnis für Lebensumstände, psychologische Stärken und soziale Netzwerke der Betroffenen. Praxen, die ihre Abläufe und Angebote darauf ausrichten, legen nicht nur den Grundstein für eine bestmögliche Mundgesundheit ihrer ältesten Patientinnen und Patienten, sondern leisten zugleich einen Beitrag zu deren Lebensqualität und Selbstbestimmtheit.
Im nächsten RZB: Artikel zur Heidelberger Hundertjährigen-Studie
Weitere wichtige Aspekte aus der Studie „Mundgesundheit 100+“ und Handlungsempfehlungen für den Gesundheits- und Pflegebereich finden Sie in der Juni-Ausgabe des „Rheinischen Zahnärzteblatts“ (erscheint am 4. Juni). Das neue RZB finden Sie dann auch online in unserer Mediathek.