Versorgung von Unfallverletzten und Berufserkrankten
Zuweilen hört man aus dem ärztlichen Bereich, dass Schäden aus Arbeitsunfällen nicht oder nicht korrekt gemeldet werden und Ärzte ihre Leistungen in diesem Zusammenhang oft über die Krankenkasse anstatt über den in diesem Fall zuständigen Unfallversicherungsträger abrechnen. Um im zahnärztlichen Bereich Unsicherheiten bei der zahnärztlichen Versorgung von Unfallverletzten und Berufserkrankten zu vermeiden, informieren wir hier über die Abwicklung von Arbeitsunfällen bzw. Berufskrankheiten in der Zahnarztpraxis einschließlich der Abrechnung über die zuständige Berufsgenossenschaft oder andere Unfallversicherungsträger.
Gesetzliche Unfallversicherung
Die gesetzlichen Grundlagen für die gesetzliche Unfallversicherung sind seit 1997 im Siebten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) geregelt – davor in der Reichsversicherungsordnung (RVO). Die Unfallversicherungsträger übernehmen bei Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten grundsätzlich die Haftung für entstandene Schäden.
Dabei fallen unter diesen gesetzlichen Versicherungsschutz deutlich mehr Personen als oft gedacht. Unter anderem gehören hierzu, unabhängig davon, ob gesetzlich oder privat krankenversichert,
- alle Arbeitnehmer, ohne Beamte,
- Schüler und Studierende,
- Personen, die im Interesse der Allgemeinheit tätig sind (z. B. ehrenamtliche Richter, Schöffen, Zeugen, Elternbeiräte, Hilfeleistende, Freiwillige Feuerwehren, Wahlhelfer),
- Teilnehmer von Bildungsmaßnahmen (z. B. arbeitsmarktpolitische Maßnahmen, Unterrichtsveranstaltungen allgemeinbildender Schulen),
- Selbstständige, die im Gesundheitsdienst oder in der Wohlfahrtspflege tätig sind (z. B. Hebammen, Physiotherapeuten und Logopäden),
- Hausgewerbetreibende oder Selbstständige in der Landwirtschaft
- sowie Selbstständige, die sich freiwillig gegen die Folgen eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit in der gesetzlichen Unfallversicherung versichern.
Es gilt das Unfallabkommen!
Die Unfallversicherungsträger haben die gesetzliche Pflicht die zahnärztliche Heilbehandlung zu gewährleisten (§ 34 SGB VII). Zur Umsetzung dieser Pflicht haben die Unfallversicherungsverbände sowie die KZBV mit Wirkung für ihre Mitglieder das Abkommen über die Durchführung der zahnärztlichen Versorgung von Unfallverletzten und Berufserkrankten geschlossen. Dieser Vertrag regelt die Durchführung der zahnärztlichen Heilbehandlung im Rahmen der gesetzlichen Unfallversicherung, die Vergütung der Zahnärzte sowie die Art und Weise der Abrechnung. Die KZBV hat gegenüber den Unfallversicherungsträgern und deren Verbänden die Gewähr übernommen, dass die Durchführung der zahnärztlichen Heilbehandlung den gesetzlichen und vertraglichen Erfordernissen entspricht.
Das für die Mitglieder der KZBV geschlossene Unfallabkommen gilt somit für alle Vertragszahnärzte, die einen unter den gesetzlichen Versicherungsschutz für Unfallverletzte und Berufserkrankte fallenden Patienten wegen eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit behandeln. In einem solchen Fall trägt der zuständige Unfallversicherungsträger, wie z. B. eine Berufsgenossenschaft, die Kosten für die zahnärztliche und prothetische Behandlung.
Das Abkommen ist in unserem Wissen to go enthalten.
Prothetische Versorgung und deren Vergütung
Die prothetische Behandlung (Zahnersatz und Zahnkronen) und die damit unmittelbar zusammenhängenden Leistungen werden vom Unfallversicherungsträger als Sachleistung gewährt.
Wissenswert bei der prothetischen Versorgung ist zunächst, dass für die Aufstellung des Heil- und Kostenplans der Vordruck, wie er mit den gesetzlichen Krankenkassen vereinbart ist, verwendet wird. Dabei sind jedoch nicht die bei GKV-Versicherten geltenden Festzuschüsse anzugeben, sondern die BU-Nummern des bei der Versorgung von Unfallverletzten und Berufserkrankten geltenden eigenen Gebührenverzeichnisses (Anlage 4 des Unfallabkommens). Der Heil- und Kostenplan wird dem zuständigen Unfallversicherungsträger sodann zur Kostenübernahmeerklärung übermittelt, der ihn mit einem Vermerk über die Höhe der zu übernehmenden Kosten an den Zahnarzt zurückgibt.
Besonderheiten gelten bei Fällen, in denen die prothetische Versorgung sowohl unfallbedingte als auch unfallunabhängige Schäden betrifft und der Unfallverletzte bzw. Berufserkrankte Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse ist. In einem solchen Fall teilt der Unfallversicherungsträger dem Zahnarzt mit, in welcher Höhe er Kosten übernimmt, und die Krankenkasse erhält eine Durchschrift dieser Mitteilung unter Beifügung des Heil- und Kostenplanes.
Die zahnärztliche Vergütung für prothetische Behandlungen erfolgt nach dem bereits oben genannten eigenen Gebührenverzeichnis der Anlage 4 des Unfallabkommens. Alle Leistungen, die von dem Gebührenverzeichnis umfasst werden – hierzu gehören auch vollverblendete Brücken und Kronen, Vollkeramikkronen und auch alle Brücken und Kronen auf Implantaten -, werden gegenüber dem Unfallversicherungsträger geltend gemacht. Erfreulich: Die Aufstellung des Heil- und Kostenplanes über Zahnersatz und Zahnkronen ist hier abrechnungsfähig!
Daneben können als Auslagen die dem Zahnarzt tatsächlich entstandenen angemessenen Kosten für zahntechnische Leistungen – entsprechend den mit den Angestellten-Ersatzkassen vereinbarten Vergütungen für zahntechnische Leistungen – berechnet werden, soweit diese Kosten nicht mit den Gebühren abgegolten sind.
Interessant ist darüber hinaus, dass bei besonderen Schwierigkeiten in der Durchführung der prothetischen Versorgung durch eine vor Beginn der Behandlung getroffene Honorarabsprache mit dem zuständigen Unfallversicherungsträger von der genannten Gebührenregelung abgewichen werden kann.
Sonstige Vergütung
Die zahnärztlichen Leistungen – mit Ausnahme der prothetischen Versorgung – werden auf der Grundlage der Gebührentarife der Angestellten-Ersatzkassen für Zahnärzte vergütet, wobei der Punktwert eigens zwischen der KZBV und den Spitzenverbänden der Unfallversicherung vereinbart wird. Aktuell wird ein Punktwert von 1,47 Euro zugrunde gelegt.
Für Mund-, Kiefer-, Gesichtschirurgen gilt, dass diese ihre ärztlichen Leistungen nach der UV-GOÄ abrechnen, wenn diese als Vertragsärzte zugelassen und damit am Vertrag Ärzte/Unfallversicherungsträger beteiligt sind.
Abrechnung der Leistungen
Die Leistungen sind direkt mit dem zuständigen Unfallversicherungsträger unter Angabe der Personaldaten des Unfallverletzten, des Unfalltags und Unfallbetriebs, des Datums der Leistungserbringung, der Gebührennummern und der Material- und Laborkosten sowie des Gesamtrechnungsbetrages abzurechnen. Die Zahlung des Unfallversicherungsträgers erfolgt spätestens innerhalb von vier Wochen nach Rechnungseingang. Besteht noch Klärungsbedarf hinsichtlich der Rechnungssumme, wird der unstreitige Betrag innerhalb der Zahlungsfrist ausgezahlt, es sei denn, er beträgt weniger als 200,00 Euro.
Privatzahnärztliche Behandlung
Wie bereits zu Anfang erwähnt, können nicht nur gesetzlich krankenversicherte, sondern auch privat krankenversicherte Patienten unter den gesetzlichen Unfallversicherungsschutz fallen mit der Folge, dass der zuständige Unfallversicherungsträger leistungspflichtig ist. Die Durchführung und Abrechnung unfallbedingter zahnärztlicher Leistungen erfolgt daher auch bei privat krankenversicherten Patienten, die gesetzlich unfallversichert sind, auf Grundlage des Unfallabkommens.
Basierend auf diesem zwischen den Spitzenverbänden der Unfallversicherungsträger und der KZBV mit Wirkung für ihre Mitglieder geschlossenen Abkommens kann die zahnärztliche Behandlung im Rahmen der gesetzlichen Unfallversicherung somit auch nur von Vertragszahnärzten vorgenommen werden.
Wünscht der Unfallverletzte private Behandlung, besteht für den Vertragszahnarzt gegenüber dem Unfallversicherungsträger ein Anspruch auf Honorierung nur in der Höhe, wie sie das Unfallabkommen vorsieht.
Auskunft und Berufskrankheitenanzeige
Wichtig zu wissen ist noch, dass bei der zahnärztlichen und prothetischen Behandlung von Unfallverletzten und Berufserkrankten auf Anforderung des Unfallversicherungsträgers ein „Bericht Zahnschaden“ (Muster der Anlage 1 zum Unfallabkommen), in dem u. a. der Befund des Gebisses vor und nach dem Unfall, der Unfallhergang und die Behandlungsmaßnahmen anzugeben sind, zu erstatten ist. Hierfür darf eine Gebühr in Höhe von aktuell 23,74 Euro zuzüglich der Portokosten abgerechnet werden.
Bei einem begründeten Verdacht auf das Vorliegen einer Berufskrankheit ist die Erstattung einer Berufskrankheitenanzeige nach der Unfallversicherungs-Anzeigenverordnung Pflicht. Diese wird aktuell mit einer Gebühr von 18,86 Euro vergütet.
Abteilung Vertragswesen (Stand April 2024)